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Wenn
Karrieren zerbröseln ...
Liebe Leserin und lieber Leser, wenn Topmanagement Karrieren
zerbröseln, dann ist dem ein langer, schleichender Prozess
vorausgegangen. Nie werden Topmanagerinnen und Topmanager aus dem
Nichts heraus degradiert, entlassen, diffamiert. Auch wenn es so wirkt
und sich für die Betroffenen so anfühlt. Bewusst benutzen wir den
Ausdruck zerbröseln, weil das Aus kein Urknall ist. Die
Topmanagement Karriere wird sukzessive in Trümmer gelegt.
Lassen Sie uns diese Dynamik an drei Beispielen verdeutlichen:
Ein junger, ehrgeiziger, höchst
engagierter Topmanager wird für Restrukturierungsprozesse eingestellt -
mit der klaren Vorgabe, vielen Angestellten zu kündigen und Kosten
einzusparen.
Eine Topmanagerin wird vom
Headquarter in ein weit entferntes Land mit exzellenten
Wachstumschancen versetzt, die sie nutzen soll. Wann immer sie die
Zentrale besucht, legt sie ihre guten Zahlen vor.
Ein höchst erfolgreicher
Vorstandsvorsitzender mit einem bereits sehr beeindruckenden Lebenswerk
möchte dieses jetzt mit einer fulminanten Aktion krönen. Er will sein
Unternehmen zum Mehrheitsaktionär eines größeren Unternehmens machen.
Alle Drei erbringen exzellente Resultate, reiben sich für die
Firma auf, und alle Drei scheitern spektakulär:
Der junge Topmanager hat konsequent
und hart gespart, alle Vorgaben erfüllt, und alle gegen sich
aufgebracht, selbst den Vorstand, der ihn eingestellt hatte. Denn: Je
unbeliebter er wurde, umso arroganter wurde er. Er war so sicher, alles
richtig zu machen. Jedes, auch das hilfreichste Argument, das nicht zu
seiner Linie passte, interpretierte er als Ausbremsversuch der
konservativen "Bedenkenträger". Während er also schaltete und waltete
und sich zunehmend erfolgreicher fühlte, denn die Zahlen sprachen ja
für ihn, wussten alle anderen schon, dass er gefeuert würde, und zwar
genau dann, wenn der Großteil der unliebsamen Aufgaben erledigt sein
würde. Und so kam es.
Die Topmanagerin hat im Ausland
glänzende Erfolge erzielt, und sie dem Vorstand pflichtbewusst
vorgetragen. Jedoch, ohne Verbundenheit herzustellen: Kein freundlicher
Gruß aus der Ferne, keine persönliche Mail oder Karte, keine
Einladungen an den attraktiven Standort und in ihr schönes Heim vor
Ort, an dem sie ihre Chefs mit anderen interessanten Persönlichkeiten
anderer Firmen hätte zusammenbringen können. Sie genoss die Freiheit
fern der Zentrale und sich selbst in der Rolle der einsamen Heldin,
brachte die Landesgesellschaft erfolgreich nach vorn und erlebte dabei
ihre Vorstände nur als lästige bürokratische Kontrolleure.
Der Vorstandsvorsitzende hat in
monatelanger Tüftelei mit dem Finanzvorstand glänzende Strategien
entwickelt, die die Übernahme des größeren Unternehmens als
Selbstläufer darstellen, statt tragfähige Verbindungen zu
einflussreichen anderen Persönlichkeiten aus Topmanagement, Kapital,
Politik, Gewerkschaften herzustellen. Diese Hybris führt immer zum
Sturz, sie basiert nur darauf, das eigene Größenselbst zu fühlen, zu
pflegen, zu schützen.
Was hat allen Dreien
gefehlt?
Anderen einflussreichen und
erfolgreichen Personen wurde keine Zugehörigkeit geboten! Warum sollten
sie dann den Weg mittragen und befördern? Nachhaltiger Erfolg braucht
diese Stimmung, in der Unterstützung gedeiht: Respekt, Verbundenheit
und Wertschätzung. Wenn sie wie Idioten behandelt werden, dann
verhalten sich Vorstände auch idiotisch und nehmen es sich einfach
heraus, auch exzellente Ausnahmetalente zu degradieren, zu kündigen
oder ihnen das Leben so richtig sauer zu machen.
Wenn es schwer fällt, andere Menschen trotz gelegentlicher
Fehler beharrlich wie Freunde und Verbündete zu behandeln, wenn es
schwer fällt, das eigene Kritik- und Empörungspotenzial unter
Kontrolle zu bringen, dann mangelt es an Zuversicht.
Respekt, Verbundenheit, Wertschätzung anderer, das sind
Ausdrucksformen eines darunter liegenden Gefühls. Die Zuversicht. Wenn
man allein die Geschicke bestimmen will, fehlt Zuversicht. Deshalb das
sture Beharren, dass man Leistung und Perfektion allein erbringen kann,
dass man allein im Recht ist. Zuversicht ist ein großes Gefühl, es
kommt nicht von außen, sondern wird in der eigenen Psyche aktiviert:
"Andere wollen mich unterstützen, ich kann ihnen vertrauen, auch wenn
es mal nicht danach aussieht."
Der Zerbröselungsprozess, einmal begonnen, hat keine
Zwangsläufigkeit. Er ist umkehrbar. Diese Umkehrung initiieren wir in
unseren Coachingprozessen. Um wirklich neu starten zu können, sind
oberflächliche Verhaltenskorrekturen sinnlos. Wenn das Gefühl der
Zuversicht aktiviert wird, werden sich die Geschicke zum eigenen Guten
wenden, dann wirken individuelle Strategien: Respekt, Verbundenheit und
Wertschätzung zeigen ihre Wirkung. Immer. Fühlen Sie sich zugehörig.
Herzlichst,
Ihre Dorothea Assig und Dorothee Echter
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